Erfahrungen mit Akupunktur bei der Behandlung von Erfrierungen Einleitung Die Akupunktur ist eine jahrtausendealte Erfahrungsmedizin der Chinesen , die erstmalig schriftlich 90 v. Ch. Erwähnt wird. Sie wird zunehmend auch im Westen bei Erkrankungen aller Art, insbesondere jedoch bei Schmerzzuständen und chronischen Erkrankungen eingesetzt. Im Rahmen einer Cho Oyu Expedition im Frühjahr 1998 wurden nun 2 Fälle von Erfrierungen auch mit Akupunktur behandelt. Fallberichte Fall 1 Nach dem Gipfelgang litt ein Teilnehmer unter Taubheitsgefühl in den Fingerkuppen und Rötung und Schwellung in der großen Zehe. Es wurde zuerst 500 ml Glucose iv. und Lovenox 20 mg , sowie Aspirin 500 3x1 verabreicht. Da durch diese Maßnahme keine wesentliche Besserung erzielt werden konnte, wurde am darauffolgenden Tag die Erfrierung an der Großzehe mit Akupunktur und Moxabustion behandelt. Genadelt wurden 2 lokale Ashi Punkte - entsprechend MP 3 an der medialen Seite der Großzehe und Bafeng ( PaM 137) an der Schwimmhaut der Großzehe mit einer Stahlnadel mit Kupferkopf. Es konnte jedesmal das De Qi Gefühl ausgelöst werden. Auf die Nadel wurde sodann ein Stück einer brennenden Moxazigarette gesetzt und abbrennen lassen. Schon während der Therapie verspürte der Bergsteiger ein angenehmes pulsierendes Wärmegefühl in der Großzehe. Die Rötung und Schwellung in der Zehe war am nächsten Tag verschwunden, lediglich ein leichtes Taubheitsgefühl bestand noch und er konnte ohne Probleme denn Rückmarsch antreten. Fall 2 Nach einem Gipfelversuch, der bis über 8000 m führte, kehrte ein Teilnehmer völlig erschöpft ins BC zurück. Neben einer allgemeinen Erschöpfung und Austrocknung bestand auch eine Erfrierung II Grades an der Kleinzehe links mit Blauverfärbung, Rötung und Schwellung, sowie Schmerzhaftigkeit. Er erhielt Glucose 5 % 500 ml, sowie Ringer Lactat 500 ml ferner Aspirin 3x 500 mg und Lovenox 20 mg, außerdem wurde die Erfrierung an der Kleinzehe mit Akupunktur und Moxa behandelt. Es wurden wieder 2 lokale Ashi Punkte ( druckschmerzhafte Punkte) mit Stahlnadeln mit Kupferkopf genadelt - entsprechend Bl66 am distalen Ende des os metatarsale I sowie ein anderer lokaler Punkt. Schon während der Behandlung verspürte er in der Zehe ein angenehmes Wärmegefühl. Am nächsten Tag war die Schwellung völlig zurückgegangen und die Rötung und Blauverfärbung des Zehen fast völlig verschwunden. Er konnte ohne Probleme den Rückmarsch antreten. Diskussion Unter Expeditionsbedingungen ist es oft notwendig , daß die Gehfähigkeit der Bergsteiger , welche Erfrierungen an den Beinen erlitten haben, möglichst rasch wieder hergestellt wird, um den Abmarsch aus höhergelegenen Lagern zu ermöglichen. Neben den allgemein empfohlenen Maßnahmen, wie Aspirin, Auffüllung des Kreislaufes und niedermolekularen Heparinen wurde nun versucht zusätzlich Maßnahmen der traditionellen chinesischen Medizin einzusetzen. In beiden Fällen wurden von den Bergsteigern sofort über ein angenehmes Wärmegefühl berichtet. Der Erfolg zeigt sich in beiden Fällen am nächsten Tag, indem die Schwellung verschwunden waren und die Rötung deutlich zurückgegangen war. Es waren keine Schmerzen mehr vorhanden, lediglich ein leichtes Taubheitsgefühl, so daß weitere Behandlungsmaßnahmen von den Bergsteigern nicht mehr für notwendig erachtet wurden. Nach der traditionellen chinesischen Medizin handelt es sich bei einer Erfrierung ,wie eine periphere Durchblutungsstörung, um eine Stagnation von Qi (Lebensenergie) und Blut. Durch die Akupunkturtherapie versucht man das gestörte Fließen von Blut wiederherzustellen, wobei Moxibustion nützlich ist. Insbesondere der Sonderpunkt Bafeng ( PaM 137 ) - an den Schwimmhäuten wird empfohlen, aber auch lokale Ashi Punkte. Durch Stimulation von Muskelafferenzen wird das De Qi Gefühl - ein kribbelndes Gefühl an der Nadelungsstelle - ausgelöst und dabei Signale an das Gehirn weitergeleitet, die zur Freisetzung von Neurotransmittern ( Endorphine, Monamine, Kortison) führen. Dadurch ist eine wirksame Schmerzbekämpfung möglich, außerdem konnte mittels Dopplersonographie eine Verbesserung der Durchblutung und besseren Sauerstoffausnützung des Gewebes durch Akupunktur nachgewiesen werden. Die ausgewählten Punkte sind außerdem an den Stellen an denen das Gefäß - Nervenbündel der Aa dorsalis pedis und Nn dorsalis pedis verlaufen und können so direkt die sympathischen Nervenfasern beeinflußt werden. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß sich die Wirksamkeit der Akupunktur durch die erfolgreiche Anwendung in China über Jahrtausende bewiesen hat, wenn es auch noch nicht viele kontrollierte Studien gibt. Die Anwendung bei der Behandlung von Erfrierungen ist sicher einen Versuch wert, zusätzlich zu den üblicherweise zur Behandlung empfohlenen Mitteln. Weitere Erfahrungsberichte und /oder kontrollierte Untersuchungen wären sicher notwendig. Literatur Akupunktur ; Stux, Stiller, Pomeranz ; Springer Verlag Computerkontrollierte Akupunktur ; Litscher, Schwarz, Sandner-Kiesling, in Akupunktur 3/98 Zeitschrift der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur Der Akupunktur Punkt; Kitzinger, Verlag Wilhelm Maudrich Einführung in die Akupunktur ; Joh. Bischko , Haug Verlag Neue chinesische Akupunktur ; König und Wancura, Wilhelm Maudrich Verlag Praxis uns Theorie der Neuen chinesischen Akupunktur ; König und Wancura, Wilhelm Maudrich Verlag Dr. Wabnig Dagmar, 9400 Wolfsberg